Die Gruppe Lebensfarben spendet 500,- EURO.
Tauberbischofsheim aktuell berichtet im Dezember 2018.
Die die Kreis-AG des Katholischen Bildungswerks und der Inner Wheel-Club Tauberfranken veranstalten Kurzfilm-Event zugunsten von Anyievo! in Tauberbischofsheim. Die Fränkischen Nachrichten berichten am 23. März 2019.
Im April 2019 besuchte Elisabeth Wycisk mit UnterstützerInnen das Projekt in Togo. Hier der Bericht von Kirsten:
Kirsten Baumbusch, Schriftführerin des Vereins im Mai 2019:
(…) Der Regenbogen ist es, der mich hierherzieht, und der zumindest in einem kleinen Dorf für ein gerütteltes Maß an Hoffnung sorgt. „Anyievo“, so heißt der Regenbogen in der Sprache Ewe, die in Ekpui, einem kleinen Dorf am Togosee, etwa 40 Kilometer von der Hauptstadt Lomé entfernt, neben Französisch gesprochen wird.
Der mittlerweile fast 60-jährige, gelernte Installateur Tronou Deahun hat sich vor vielen Jahren von hier aufgemacht in Richtung Deutschland. Doch seine Heimat ließ ihn nicht los. „Ich wollte unbedingt etwas tun“, erzählt der hochgewachsene Mann. Und er hat sich ein großes Ziel gesetzt: Die Armut Afrikas möchte er bekämpfen und zwar da, wo er sich auskennt.
Er fand Mitstreiterinnen und Mitstreiter in seiner neuen Heimat rund um Tauberbischofsheim. Ein Verein wurde gegründet. Elisabeth Wycisk stellte sich als Vorsitzende zur Verfügung. Sie war wie Tronous Frau Lehrerin und unterrichtete den Togolesen in Deutsch.
Zwischenzeitlich kommt Anyievo-Ekpui auf 38 Mitglieder, die auch in Heidelberg, Mannheim und sogar in der Nähe von Bremen zuhause sind. Alle eint, dass sie etwas Praktisches tun wollen – einfach irgendwo anfangen. Am besten bei den Kindern und bei den Frauen, denn dort ist die Unterstützung am effektivsten, das weiß auch die professionelle Entwicklungshilfe.
Der Kreislauf der Armut lässt sich nur so durchbrechen. Binnen eines Jahrzehnts entstand auf dem Anyievo-Platz im Herzen von Ekpui ein Kindergarten für 40 Jungen und Mädchen mit Küche und Spielplatz, eine Vorschule, ein Lernhaus mit Räumen für Nachhilfeunterricht, ein Nähmaschinenraum und jede Menge Platz für Begegnung. Darüber hinaus werden derzeit fünf Mädchen Dank Patenschaften auf höhere Schulen geschickt.
Landwirtschaftliche Mikrokredite für die Ärmsten der Armen, die auf den Feldern leben, werden in diesem Jahr erstmals vergeben. So soll es gelingen, dass sie durch Ackergeräte, Geld für Samen und Pflanzen sowie entsprechende Schulung in diesem fruchtbaren Teil Afrikas selbst ihr Auskommen finden können.
Alles funktioniert nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe: Der Verein gibt Geld für Material, aber gebaut wird von den Menschen vor Ort, egal ob es sich um Steine, Wände, Dächer, Sanitäranlagen, Brunnen oder Tische und Stühle handelt. Im Kindergarten werden Betreuerinnen und Essen für die Kinder gestellt sowie Stoff für zwei Garnituren der Schuluniformen; die Mütter der Steppkes bringen sich durch Wasserholen oder Sauberhalten des Anyievoplatzes ebenso ein und vernetzen sich dadurch wieder untereinander. Nichts wird über den Kopf von jemandem hinweg, womöglich gegen dessen Willen, entschieden. Dadurch gelingt Anyievo in Ekpui eine ganze Menge. Auch, wenn manches anders funktioniert als gewünscht. So erfreute sich der extra angefertigte Wasserwagen bei den Frauen von Ekpui keiner großen Beliebtheit. Sie tragen das kostbare Nass lieber auf dem Kopf, wie es seit Jahrhunderten üblich ist. Dafür saust die Dorfjugend mit dem Gefährt jetzt über den Strand am Togo-See und quietscht vor Vergnügen.
Ein Herzensprojekt liegt derzeit ebenfalls brach. Ein tiefer Brunnen fürs Dorf sollte gebohrt werden. Die Wasserstellen, die es bereits gibt, sind vor allem in der Trockenzeit leider salzhaltig. Nur in der Regenzeit gibt es für die Einwohner von Ekpui Süßwasser im See, das aber leider durch eingeschwemmte Verunreinigungen schwerste Krankheiten hervorruft. Das führt zu Dutzenden von Todesfällen im Dorf - jedes Jahr.
Doch die erforderliche Brunnenbohrung würde mehr als 100.000 Euro kosten, weil sie bis in 400 Meter Tiefe getrieben werden müssten. Zu viel für den kleinen Verein. Jetzt heißt es aushalten und gemeinsam mit den Bewohnern von Ekpui nach anderen Lösungen suchen. „Das stimmt uns traurig, doch auf keinen Fall mutlos“, gibt die Vorsitzende die Devise aus. Der 69-Jährigen ist ein afrikanisches Sprichwort zum Leitstern geworden: Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz dieser Welt verändern.
Licht und Schatten, Werden und Vergehen liegen eng zusammen in Togo, diesem Land, das vom Rot der Erde und dem üppigen Pflanzengrün geprägt wird. Da, der an Weihnachten beim Kokosnussernten von der Palme gefallene junge Mann, der trotz schwerster Verletzungen mit der Hilfe aus Europa und medizinischer Versorgung in Lomé jetzt schon wieder gehen kann, dort die Kinder mit den streichholzdünnen Ärmchen und den dicken Wasserbäuchen, die sich fast ausschließlich vom kohlenhydratreichen Maniok ernähren.
Nur das Eiweiß fehlt ihnen, das Hülsenfrüchte liefern könnten, wenn ihre Eltern nur darum wüssten und es anbauen würden. Hier die Patenmädchen des Vereins, die ihre Chance nützen, und so fleißig sind, dass sie ihr Leben meistern und dem Dorf später wichtige Impulse geben werden. Dort die ausgezehrte 15-Jährige mit dem kleinen Baby, das nicht trinken will.
Da gibt es aber auch die Familie meines zwölfjährigen Patenkindes Akouvi. Das erste Foto Anfang 2018 ging mir über Kontinente weg durch Mark und Bein. „Die Trauer Afrikas“ nennt Tronou diesen verzweifelten, hoffnungslosen Ausdruck in den Augen. Jetzt erkenne ich Akouvis Mutter beim Kindergartenfest auf dem Anyievo-Platz gar nicht in der quirligen Frau, die hingegeben an den Tanz, das Singen mit den anderen Frauen die Feier gestaltet. Meine 35 Euro im Monat haben das Leben der Familie verändert. Die kleine Schwester kann den Kindergarten besuchen, bekommt dort Essen und einen guten Start in ihr Bildungsleben, die Mutter hilft mit, lernt Gleichgesinnte kennen und bildet sich fort in Ernährungs- und Gesundheitsfragen. Akouvi geht regelmäßig in die Schule, wohnt dort bei der Direktorin, damit sie sich nicht jeden Morgen auf den kilometerlangen Weg machen muss. Der Vater ist nach langer Krankheit wieder so gesund, dass er auf dem Feld arbeiten kann.
(…) Nicht das Tempo der Eindrücke, das Warten oder die Hitze schaffen mich, es ist der Kontrast zwischen dem Landleben, wo so wenig nötig wäre, um vieles zu verbessern, und der Stadt, die im modernen Raubtierkapitalismus zu versinken droht. (…) Immer wieder packt mich die Ungeduld der Westler, die kaum aushalten können, dass alles hier Zeit braucht in der schwülen Hitze. Dass es Missverständnisse gibt, kultureller und menschlicher Art, dass wir nicht allen helfen können. Das Bewusstsein schärft sich, was wir anrichten, wenn wir unsere Wirtschaft, unseren Konsum hierher exportieren: dicke Winterhandschuhe in Altkleiderbergen auf dem Markt, kleine, überall herumfliegende Plastikbeutel, die die Wasserverkäufer arbeitslos gemacht haben und als erstrebenswertes Luxusgut gelten. „Goldtropfen“, die Aufschrift auf den schnell aufgebissenen und ausgetrunkenen Wasserbeuteln wirkt zynisch. (…)
Nein, ein typisches Touristenland wird Togo wohl nicht so schnell werden. Auch, wenn es im Nationalpark Fazao-Malfakassa Löwen, Leoparden, Büffel und Elefanten gibt, in Lomé den größten Fetischmarkt der Welt und Togoville sich die Hauptstadt des Voodoo nennen darf. Direktflüge von Deutschland sind nicht zu bekommen. Air France fliegt mehrmals die Woche von Paris aus. Auch das Schulsystem ist französisch. Das macht es für die Kinder nicht leichter. Wenn ihre Muttersprache nicht Französisch ist, oder sie keinen Stift oder Block haben, werden sie nicht einmal von den sechs Pflichtschuljahren profitieren. Die Schulbücher bleiben in den Schulen, die wiederum in der Regel weder Wasser noch Elektrizität haben. „Wir machen hier nur Theorie“, klagt der Direktor des Collège in Ekpui und wünscht sich sehnlichst einen verlässlichen Internetanschluss im Dorf, damit seine Schülerinnen und Schüler wenigstens recherchieren können.
(…) Ob die wackligen Stromleitungen oder das löchrige Mobilfunknetz, vieles ist geeignet, uns in den Wahnsinn zu treiben. Doch es gibt auch Sternstunden. Ich erlebe sie beim Nachhilfelehrer im Lernhaus auf dem Anyievoplatz. Französische Grammatik, ein schwieriges und auf der ganzen Welt ziemlich verhasstes Thema. Doch hier steht ein begnadeter Pädagoge an der Tafel.
Er ermuntert, gibt Hinweise, ermöglicht Transfer von Lösungsmöglichkeiten und am Ende applaudieren alle, wenn einer oder eine die richtige Antwort weiß. „Nicht müde werden, sondern die Hoffnung wachsen lassen, das geht“, so lautet meine Erkenntnis aus Togo.